Fakultät Geoinformation

BIM-Paradigmen für das verformungstreue Aufmaß – Softwarevergleich am Beispiel eines Dachstuhls

Bachelorarbeit von Alfred Paul (2023)

Die Building Information Modeling (BIM)-Methode bietet zahlreiche Vorteile über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Allerdings stellt sich die Frage, wie ein Gebäude, das vor der Einführung der BIM-Methode errichtet wurde, in ein Bestandsmodell überführt werden kann, um einige der Vorteile für das Gebäude nutzbar zu machen. Es gibt viele verschiedene Softwarelösungen, die dafür angeboten werden. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden zwei bekannte Softwares zur Punktwolkenverarbeitung ausgewählt, die jeweils ein Plugin zur Modellierung in Revit bieten. Die Plugins von PointCab und AsBuiltModeler wurden verwendet, um den Dachstuhl des historischen Herrenhauses in Rothnaußlitz zu modellieren. Das Gebäude hat eine reiche Geschichte und steht derzeit teilweise unbewohnt und unrenoviert als Mehrfamilienhaus.

Vor der Modellierung des Herrenhauses war es entscheidend, einen geodätischen Rahmen zu schaffen. Dies wurde durch Vermessungspunkte erreicht, die mithilfe eines Trimble R10 GNSS durch die Dachfenster ermittelt wurden. Zudem wurden Schachbrettmarken, die über den gesamten Dachstuhl verteilt waren, mithilfe eines Leica TCRP1202+ eingemessen. Anschließend wurde der Dachstuhl aus 22 verschiedenen Standpunkten durch den Laserscanners Faro Focus S150 erfasst und mit der Registrierungssoftware "Scantra" über identische Ebenen registriert.

Sowohl der Modellierungsworkflow als auch der Funktionsumfang der beiden Plugins waren ähnlich, jedoch gab es deutliche Unterschiede in Bezug auf die Benutzeroberfläche und Navigation in der Punktwolke. Dies führte zu erheblichen Unterschieden in der Modellierungsgeschwindigkeit. PointCab arbeitet hauptsächlich in 2D-Ansichten, was ein performantes Arbeiten in großen Punktwolken ermöglicht, jedoch das Erfassen von 3D-Geometriemerkmalen erschwert. Im Gegensatz dazu erfolgt die Arbeit mit AsBuiltModeler in der 3D-Punktwolke. Vor der Modellierung muss die Punktwolke berechnet werden. Die Navigation in der Punktwolke wird durch eine fliegende Perspektive realisiert. PointCab ermöglicht zusätzlich zur Punktwolkenverarbeitung auch die Möglichkeit der Registrierung und Transformation in ein übergeordnetes Koordinatenreferenzsystem an und bietet dadurch im Vergleich zu AsBuiltModeler ein umfassenderes Gesamtpaket.

Während der Modellierung wurden typische BIM-Paradigmen wie Semantik, Volumenkörper, Topologie und Bezugselemente im Rahmen der Bestandsaufnahme untersucht. Es wurde beschrieben, wie die Plugins während der Modellierung arbeiten und wo Verbesserungspotenzial besteht. Dabei unterschieden sich die Plugins in der Erstellung der Balkenkonstruktion. AsBuiltModeler verfolgt den Ansatz, die Balken über Flächen zu definieren, während PointCab die Kanten des Objekts nutzt. Der Ansatz von AsBuiltModeler in Kombination mit der Punktwolkennavigation erwies sich als zuverlässig und effizient. Beide Plugins integrieren geringe Automatisierungen bei der Erstellung von Bauteilfamilien. PointCab bietet eine automatische Stützfamilienerstellung und AsBuiltModeler eine automatische Fensterfamilienerstellung in Revit an.

Es wurde festgestellt, dass die Plugins keine Funktionen zur Semantik und Topologie bieten. Als Bezugselement wird lediglich die Ebenenerstellung bereitgestellt. Um die Qualität der erstellten Modelle zu bewerten, wurden beide Modelle mit der ursprünglichen Punktwolke verglichen. Dies wurde mithilfe der Software "CloudCompare" durchgeführt, da keines der Plugins einen direkten Vergleich mit der ursprünglichen Punktwolke ermöglicht. Die Bauteile in der Punktwolke wurden segmentiert und klassifiziert, um festzustellen, wie präzise die Plugins die Bauteile erstellen und wie stark die Abweichungen aufgrund der Generalisierung der Bauteile sind. Die Standardabweichungen wurden gemäß den USIBD LOA-Klassen bewertet und ergaben, dass beide Plugins eine vergleichbare dargestellte Genauigkeit aufweisen.