Fakultät Bauingenieurwesen

Menschengruppe steht am Fluss, daneben VW Bus

Uferfiltration

Definition

Uferfiltrat ist Wasser, das aus oberirdischen Gewässern unmittelbar in den Grundwasserraum eingedrungen ist, ausgenommen durch Versinkung (DIN 4049-3). Uferfiltration kann unter natürlichen Bedingungen stattfinden oder künstlich durch eine Absenkung der Grundwasseroberfläche unter den Wasserspiegel im Fluss oder See infolge der Grundwasserentnahme mit Brunnen induziert werden. Die Brunnen erfassen dabei zumeist eine Mischung aus Uferfiltrat und echtem Grundwasser, welches den Brunnen landseitig zufließt und bei entsprechenden geohydraulischen Randbedingungen auch den Flussunterströmt. Die in der Gewässersohle und im Grundwasserleiter stattfindenden Prozesse führen meist zu einer Verbesserung der Wasserqualität. Somit wird die Uferfiltration als natürlicher Aufbereitungsschritt in einem Multi-Barrieren-System für die Trinkwasserversorgung weltweit genutzt.

Ansprechpartner

Dr.-Ing. Cornelius Sandhu

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Bank Filtration Projects in India

Dr.-Ing. Cornelius Sandhu

Projektbeispiele in Deutschland und weltweit

In Deutschland wurden BMBF-Forschungsprojekte zur Sicherheit der Wasserversorgung durch Uferfiltration an der Elbe und zur Kopplung von Uferfiltration und unterirdischer Enteisenung bearbeitet. Mit Wasserversorgungsunternehmen in Sachsen wurden und werden zahlreiche Studienarbeiten zu unterschiedlichen Aspekten der Uferfiltration durchgeführt, z. B. zur Manganbelastung des Uferfiltrats der Elbe in Dresden, zur Beschaffenheitsmonitoring Uferfiltration in Torgau, zur Infiltration in einem Teich bei Sdier, zur Fließzeitermittlung in Weinhübel/Görlitz, zur Schutzzonenauslegung beim ZWA Hainichen. Das Lehrgebiet Wasserwesen ist Gast der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke im Elbeeinzugsgebiet (AWE).

2019 wurde das EU-Verbundprojekt AquaNES - Demonstrating synergies in combined natural and engineered processes for water treatment systems abgeschlossen (6/2016-5/2019). Am Demonstrationsvorhaben waren insgesamt 30 Partner beteiligt, davon 9 Wasserversorgungsunternehmen. Die HTW Dresden war für das Arbeitspaket Uferfiltration verantwortlich. Ziel war es, die innovative Kopplung naturnaher und ingenieurtechnischer Wasseraufbereitungsverfahren im realen Betrieb zu demonstrieren, Vor- und Nachteile, sowie die Wirtschaftlichkeit darzustellen. Es wurden Grundlagen und Entscheidungshilfen zur marktreifen Kopplung von technischen und naturnahen Aufbereitungsverfahren geschaffen, die Verfahrenssicherheit erhöht, Anpassungsstrategien für Extremereignisse entwickelt, Risikoanalysen sowie ökologische und soziale Lebenszyklusbetrachtungen für kombinierte Verfahren durchgeführt. Erstmals wirkte die DREWAG Netz GmbH in einem so großen EU-Verbundvorhaben mit. Am Standort Dresden-Hosterwitz wurde mit EU-Förderung eine Ultrafiltrationsanlage zur weitergehenden Aufbereitung von Uferfiltrat im Vergleich zur direkten Aufbereitung von Flusswasser im Pilotmaßstab getestet (Haas et al., 2018). Der Ansatz der Kopplung beider Verfahren ergibt sich daraus, dass die Uferfiltration effektiv organische Stoffe entfernt, aber mikrobielle Durchbrüche bei Extremereignissen oder kurzen Aufenthaltszeiten möglich sind, die Ultrafiltration energetisch und bezüglich der Betriebskosten ungünstig ist, aber zuverlässig in der Partikelentfernung auch bei Extremereignissen. Die Berichte sind unter www.aquanes.eu und im Sonderband des Journals Water unter https://www.mdpi.com/journal/water/special_issues/Bank_Filtration zu finden.

Arbeiten zur Uferfiltration am Nil, am Ismailia Canal und am Roten Meer begannen mit einem vom German-Egyptian Research Fund (GERF) geförderten Projekt „Bank filtration under arid conditions for drinking water supply at low cost“ (2012-2014) (Bartak et al., 2012). Seitdem finden nahezu jährlich Weiterbildungsveranstaltungen zur Uferfiltration für ägyptische Ingenieure und Wissenschaftler in Kairo, Sohag, Qena oder Luxor statt, die von der GIZ oder der Holding Company for Water and Wastewater finanziell unterstützt werden.

Mit Unterstützung der Holding Company for Water and Wastewater und des DAAD werden die Ausbildung von Ingenieuren, die Planung und der Bau neuer Uferfiltratfassungen in Oberägypten fortgesetzt. Spannend ist die hier mögliche Beobachtung der Einfahrphasen neuer Uferfiltratfassungen, der Auswaschung des Grundwasserleiters und der Entwicklung der Eisen- und Mangankonzentration im Rohwasser (Wahaab et al., 2019). Das Projekt MEDUWAT im Rahmen der Kurzzeitmaßnahmen des DAAD ermöglichte im September 2019 den Besucht ägyptischer Studierender, Professoren und Ingenieure zur Weiterbildung in Dresden und die Besichtigung von Uferfiltratwasserwerken in Deutschland. An dieser Stelle sei der DREWAG und der FWV Elbaue-Ostharz für die freundliche Unterstützung derartiger Weiterbildungen und Werksbesichtigungen gedankt.

  • Bartak, R., Grischek, T., Ghodeif, K., Ray, C. (2012) Beach sand filtration as pre-treatment for RO-desalination. International Journal of Water Science 1(2), 1-10.
  • Ghodeif, K., Paufler, S., Grischek, T., Wahaab, R., Souaya, E., Bakr, M., Abogabal, A. (2018) Riverbank filtration in Cairo, Egypt - part I: Installation of a new riverbank filtration site and first monitoring results. Environ. Earth Sci. 77(7), 270, doi.org/10.1007/s12665-018-7450-2.
  • Paufler, S., Grischek, T., Bartak, R., Ghodeif, K., Wahaab, R., Boernick, H. (2018) Riverbank filtration in Cairo, Egypt - Part II: Detailed investigation of a new riverbank filtration site with a focus on manganese. Environ. Earth Sci. 77(8), 318, doi.org/10.1007/s12665-018-7500-9
  • Wahaab, R.A., Salah, A., Grischek, T. (2019) Water quality changes during the initial operating phase of riverbank filtration sites in Upper Egypt. J. Water 11, 1258, doi.org/10.3390/w11061258.

Aktuelle Projekte

(siehe auch Bildergalerie unten)

IGCCRBF – Deutsch-Indisches Kompetenzzentrum für Uferfiltration („Indo-German Competence Centre for Riverbank Filtration“ (seit 2011))

Ziel ist die Stärkung der Forschungskooperation zwischen Deutschland und Indien im Bereich der Uferfiltration. Das IGCCRBF wurde im Rahmen des vom BMBF geförderten Vorhabens „Riverbank Filtration Network (RBFN, 2008 – 2010)“ vom Lehrgebiet Wasserwesen und dem indischen National Institute of Hydrology (NIH) in Roorkee 2011 gegründet. Hauptergebnisse waren die gemeinsame Bearbeitung der Projekte SAPH PANI und NIRWINDU, die Erkundung von Uferfiltrationsstandorten in Indien und die Erarbeitung eines Konzepts für einen Masterplan Uferfiltration in Indien.

CCRBF – Kooperationszentrum für Uferfiltration („Cooperation Centre for Riverbank Filtration“, seit 2007)

Ziel ist die Kooperation zwischen Wasserversorgern in Indien und Forschungsinstituten für eine nachhaltige Trinkwasserversorgung in Indien und die Umsetzung von Forschungsergebnissen an Praxisstandorten im Bundesland Uttarakhand. Partner sind die HTW Dresden, die Stadtwerke Düsseldorf (SWD) und der indische Wasserversorger Uttarakhand Jal Sansthan (UJS). Hauptergebnisse waren die Untersuchung und der Neubau von Uferfiltrationsstandorten (UF-Standorten) in Uttarakhand sowie die Entwicklung des Standortes Haridwar als Demonstrationsstandort. Technische Unterstützung gab es durch UJS und das Department of Civil Engineering am Indian Institute of Technology Roorkee. Finanzielle Unterstützung gab es durch das BMBF, das „Department of Science and Technology (DST)“ und die SWD.

Erkundung des Potentials der Uferfiltration in semi-ariden Gebieten Südindiens (2018–2019)

Im Rahmen eines DAAD-DST Projektes untersuchen das Lehrgebiet Wasserwesen und das Department of Geology an der Anna Universität in Chennai das Potential der Uferfiltration in ländlichen Gebieten um Chennai. Schwerpunkte: Wasservoraufbereitung für die Grundwasseranreicherung für die Trinkwassergewinnung und Bewässerung.

Abgeschlossene Projekte

NIRWINDU – Sichere und nachhaltige Trinkwassergewinnung in Indien durch Kopplung von naturnahen und innovativen Verfahren (2015–2018)

Im Projekt NIRWINDU wurde ein Konzept für eine hochwassersichere und energieeffiziente Trinkwassergewinnung mittels Uferfiltration (UF) in Indien entwickelt und umgesetzt. Im Rahmen des Projektes wurde der erste hochwassersichere Brunnen am UF-Standort Srinagar am Fluss Alaknanda in Uttarakhand gebaut. Außerdem wurden Richtlinien für die Erkundung von UF-Standorten, den Neubau von UF-Fassungen und die Anwendung technisch umsetzbarer Maßnahmen für den Hochwasserschutz von UF-Brunnen in Schwellen- und Entwicklungsländern erarbeitet.

Saph Pani – Enhancement of natural water systems and treatment methods for safe and sustainable water supply in India (2011–2014)

Im EU-Projekt Saph Pani wurden die Uferfiltrationsstandorte Haridwar, Srinagar und Nainital in Uttarakhand hinsichtlich der Entfernung von pathogenen Keimen und wassergefährdenden organischen Stoffen bewertet. Dazu wurden geohydraulische Feldversuche und Wasserbeschaffenheitsuntersuchungen durchgeführt und die Grundwasserströmung modelliert. Für UF-Brunnen in Haridwar und Srinagar wurden Hochwasserschutzmaßnahmen konzipiert und Wirtschaftlichkeitsanalysen durchgeführt.

Nachhaltige Trinkwasserversorgung in Uttarakhand (2009–2011, 2013–2016)

Im Rahmen des DAAD Programms „A New Passage to india“ wurde die Forschungskooperation mit dem Indian Institute of Technology Roorkee zur nachhaltigen Trinkwasserversorgung ausgebaut. Schwerpunkte waren der Nachweis der Nutzung natürlicher Selbstreinigungsprozesse bei der Uferfiltration, die Erhöhung der Versorgungssicherheit durch Untersuchungen zur Wasserqualität und Wasseraufbereitung und Arbeiten zur Energieeffizienz wasserwirtschaftlicher Anlagen.

RBFN – Riverbank Filtration Network (2008–2010)

Das Hauptziel des BMBF-Forschungsmarketingprojekts RBFN war der Aufbau des Kompetenzzentrums für Uferfiltration in Indien, was als IGCCRBF gegründet wurde (siehe oben). Durch das Forschungsmarketing konnten die in vorangegangenen Vorhaben begonnene Zusammenarbeit mit indischen Partnern ausgebaut und gemeinsame Projektanträge erstellt werden.

Übersicht der Projekte mit Indien seit 2005

 

 

 

2019 startete das BMBF-CLIENT-Verbundvorhaben „AquaViet - Masterplan Uferfiltration zur Trinkwasserversorgung in Vietnam“. Das Projektkonsortium setzt sich aus drei deutschen und drei vietnamesischen Forschungseinrichtungen sowie elf kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), Wasserversorgern und Behörden zusammen. Projektpartner sind das TZW in Dresden und das Institut für Wasserchemie der TUD. Die Beteiligung mehrerer vietnamesischer Behörden und Wasserversorger sichert die Genehmigungsfähigkeit zukünftiger Anlagen in Vietnam. AquaViet untersucht Vorteile und Einsatzgrenzen der Uferfiltration unter schwierigen Rahmenbedingungen in Vietnam an zwei Flüssen im Großraum Hanoi. Das Projekt erarbeitet Lösungen für die Auslegung und den Betrieb von Anlagen zur Wassergewinnung und Aufbereitung. Ziel ist die Entwicklung von Technologien zur kostengünstigen Aufbereitung des Rohwassers sowie geeigneter Monitoringsysteme. Einerseits steht die Demonstration eines innovativen Filtersystems zur Entfernung von Ammonium, Arsen und anderen Stoffen aus dem Uferfiltrat, gegebenenfalls in Kombination mit oxidativen Verfahren, im Fokus. Andererseits wird die technische Umsetzung einer sicheren und nebenproduktarmen Desinfektion des Wassers, z. B. durch Chlorung mittels Inline-Elektrolyse oder UV, verfolgt. Geplant ist die Nutzung so genannter spektroskopischer Fingerprints, einer Methode zur Bestimmung der Herkunft des Wassers. Außerdem ist die Entwicklung eines mehrstufigen Filtersystems zur Ammonium- und Manganentfernung im Niedrigpreissegment vorgesehen. Weiterhin wird ein Monitoring-Konzept zur Online-Überwachung und Steuerung der Desinfektion erarbeitet, sowie die Nutzung von Hochwasserentlastungsbrunnen zur Uferfiltratgewinnung getestet. Für eine effiziente Desinfektion basierend auf einer Echtzeitüberwachung der Wasserqualität sind der Einsatz und die Erprobung einer neu entwickelten Multiparameter-Sonde, eine Verifizierung und Demonstration neuer umweltschonender Verfahren der Desinfektion, sowie die Nutzung der UV-Behandlung zur gleichzeitigen Umwandlung noch vorhandener organischer Spurenstoffe geplant.

Link Website: www.bmbf-client.de/projekte/aquaviet

Seit 2012 unterstützt das Lehrgebiet Wasserwesen Arbeiten zur Uferfiltration in Thailand. Im Rahmen des Projektes “RETA 6498 - Knowledge and Innovation Support for ADB’s Water Financing Program-Pilot and Demonstration Activity for Thailand: Assessment of Riverbed Clogging at Potential Riverbank Filtration for Securing Safe, Low-Cost Potable Supplies” wurden Untersuchungen zur potentiellen Kolmation bei der Uferfiltration an Flüssen mit starker Trübung in Thailand durchgeführt (Pholkern et al., 2015). Zwei Mitarbeiter des Department of Groundwater Resources (DGR) Bangkok waren 2016 zu einer zweiwöchigen, vom DGR finanzierten Weiterbildung Uferfiltration an der HTW Dresden.

  • Pholkern, K., Srisuk, K., Grischek, T., Soares, M., Schäfer, S., Archwichai, L., Saraphirom, P., Pavelic, P., Wirojanagud, W. (2015) Riverbed clogging experiments at potential river bank filtration sites along the Ping River, Chiang Mai, Thailand. Environ. Earth Sci. 73(12), 7699-7709.