4. Mittelstandstag 2014
Ganzheitliche Produktionssysteme – Wie Mittelständler Lean Production umsetzen!
Donnerstag, 3. April 2014, 14:00-18:00 Uhr
Am 4. Mittelstandstag der Fakultät Wirtschaftswissenschaften nahmen mehr als 140 Vertreter aus Unternehmen, Organisationen und Verbänden sowie der Hochschule teil. Das Thema der diesjährigen Veranstaltung war die Produktionsoptimierung mit Hilfe des systematischen Ansatzes eines Ganzheitlichen Produktionssystems. „Während die Durchdringung dieses Managementinstrumentes in einigen Branchen der Großunternehmen nahezu 100% beträgt, bieten sich gerade für Mittelständler noch vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten“, so Prof. Gestring von Zentrum für Mittelstand.
Ganzheitliche Produktionssysteme sind eine Weiterentwicklung der von Toyota geprägten lean-production Philosophie mit Instrumenten der innovativen Arbeitsorganisation wie Gruppenarbeit und abteilungsübergreifendes Prozessmanagement. Verschiedene standardisierte Methoden stehen in diesem Managementregelwerk zur Verfügung. Weit mehr als ein Jahrzehnt beschäftigt sich die Trumpf Unternehmensgruppe an ihrem Standort in Neukirch mit dem Produktionssystem SYNCHRO schon mit diesem Thema. Unter der Beteiligung aller Mitarbeiter im Unternehmen konnten signifikante Verbesserung insbesondere in der Durchlaufzeit und der Produktivität erreicht werden. Die Anforderungen an die Erweiterung der Produktpalette und die Erschließung neuer Märkte konnte dadurch bewerkstelligt werden.
„Machen Sie sich Gedanken über ein demografiefestes Produktionssystem“. Dieses war die Aufforderung von Dr. Holger Naduschewski, Geschäftsführer des Volkswagen Bildungsinstitutes. Durch geeignete Investitionen in Montagehilfsmittel wie z.B. Rollhocker sowie ein gezieltes Training älterer Mitarbeiter lässt sich die Arbeitsfähigkeit länger aufrechterhalten. Dadurch profitieren sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber.
Mitarbeiterpartizipation durch Gruppenworkshops im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses ist eine Möglichkeit, Abläufe zu optimieren. Daneben ist aber auch eine systematische Prozessplanung mit Hilfe von MTM (Methods Time Measurement) möglich. Henry Röder von der Deutschen Bahn Regio AG und Dr. Bernd Britzke von der MTM-Gesellschaft stellten vor, wie im Bereich der Instandhaltung durch eine standortübergreifende Standardisierung und frühzeitige Einbindung der MTM-Philosophie in die Arbeitsplanung Erfolge erzielt werden können.
In der Pause nutzten viele Unternehmer die Möglichkeit, mit den Referenten ins Gespräch zu kommen. Neben dem Führen von Unternehmen standen die Themen Gründung und Innovation, vertreten durch die Initiative dresden exists sowie die Unternehmensnachfolge im Bereich der Folgerichtig-Aktion der IHK im Mittelpunkt. Über verschiedene Abschluss- bzw. Belegarbeiten von Studierenden der HTW Dresden wurde im Rahmen einer Posterpräsentation informiert.
Das mittelständische Pharma-Unternehmen Apogepha aus Dresden sah sich u.a. aufgrund immer kürzerer Lieferzeiten dazu gezwungen, die Produktionsabläufe zu überprüfen. Frau Katharina Kuhlee, eine Absolventin der HTW Dresden berichtete über die Erfolge bei der Reduzierung der Durchlaufzeiten mittels der Wertstromplanung sowie einer systematischen Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit. Die Grundlage dafür wurde während ihres Praktikums und der Abschlussarbeit im Unternehmen gelegt.
Die wenigsten Unternehmen führen ein Produktionssystem ohne Berater ein. Über die Art der Einbindung und deren Ergebnisse berichtete Uwe Wenzel, Geschäftsführer des Logistikberatungsunternehmens logsol aus Dresden. Wie die vorherigen Referenten, betonte auch er, die Wichtigkeit der Einbindung der Mitarbeiter in den Veränderungsprozess. Welche Rolle Mitarbeiter dabei einnehmen können und auf welche Besonderheiten Führungskräfte dabei achten müssen, war Bestandteil des Vortrages von Prof. von der Weth. Dem einen Mitarbeiter helfen standardisierte Abläufe, der andere Mitarbeiter fühlt sich dadurch eher eingeengt. Daher sind Mitarbeiter und ihre Arbeitsplätze so zu differenzieren, dass die individuelle Leistungsfähigkeit weder unter noch überfordert wird.
Der nächste Mittelstandstag an der HTW wird im April 2015 stattfinden.
Programm
14:00 Begrüßung
- Prof. Roland Stenzel, Rektor der HTW Dresden
- Prof. Ralph Sonntag, Dekan der Fakultät Wirtschaftswissenschaften
1. Teil: Nutzen eines Produktionssystems im Mittelstand
14:15 Ganzheitliche Produktionssysteme im Mittelstand – eine Einführung
Prof. Ingo Gestring, Professur für Materialwirtschaft und Produktionslogistik
- Aufbau eines Ganzheitlichen Produktionssystems
- Optimierungspotential und Erfolgsmessung
- Konzepte und Kosten bei der Einführung
14:30 Systematische Produktivitätssteigerung in mittelständischen Unternehmen
Henry Röder, Deutsche Bahn Region AG und Dr. Bernd Britzke, MTM-Institut
- Reduzierung von Verschwendung, Grundregeln der Prozessgestaltung
- Herstellen von Transparenz; Leistungsziele transparent machen, Modellierung bzw. Simulation von Arbeitsabläufen, Sollabläufe zeigen Potenziale
- Einbeziehung der Mitarbeiter, ergonomische Arbeitsgestaltung als Beitrag zur Beherrschung des demografischen Wandels, Projektarbeit entwickeln
- Modellierung und Simulation von Arbeitsabläufen; Nutzung von MTM, betriebliche Beispiele
14:50 Erfolgsfaktoren des Produktionssystems SYNCHRO von Trumpf
Dipl.-Ing. Uwe Kretzschmar, Trumpf Sachsen GmbH
- Überblick über das Produktionssystem SYNCHRO
- Steuerung und Entwicklung der Produktion am Standort Neukirch
- Aufgaben/Kompetenzen/Verantwortung – Das Rollenspiel im Team
- Praxisbeispiel
15:10 Gestaltung demografiefester Betriebe – Anforderungen an zukünftige Produktionssysteme
Dr. Holger Naduschewski, Geschäftsführer Volkswagen Bildungsinstitut Zwickau
- Soziodemografischer Wandel – Region Sachsen, Deutschland, Welt
- Darstellung strategischer Handlungsfelder für Demografiefestigkeit, (lebenslanges Lernen, Organisations- und Personalentwicklung, Gesundheitsmanagement, Altersstrukturanalyse, Wissenstransfer, Entwicklung Produktivität und Effizienz)
- Anforderungen an die Gestaltung von Produktionssystemen der Zukunft (Beispiele aus der Praxis), Arbeitsplatz- und Arbeitsumweltgestaltung, Ergonomie, Qualifizierung
15:30 Moderierte Podiumsdiskussion
Moderation Prof. Torsten Gonschorek, Professur für mittelständische Unternehmen, HTW Dresden
15:45 Posterpräsentationen und Pausengespräche
2. Teil: Umsetzung von Produktionssystemen im Mittelstand
16:15 Wertstromanalyse und OEE in einem mittelständischen Pharmaunternehmen
Katharina Kuhlee, B. Eng., APOGEPHA Arzneimittel GmbH, Dresden
- Geschäftsmodell der APOGEPHA Arzneimittel GmbH
- Marktwirtschaftliches Umfeld und deren Auswirkung auf Wertschöpfung des Unternehmens
- Formulierung von Optimierungsstrategien
- Durchführung einer Wertstromanalyse und Berechnung der Overall Equipment Effectiveness
- Auswirkung auf Durchlaufzeit, Termintreue und Flexibilität
16:35 "Lean Logistics – wie kann ein Logistikplanungsunternehmen bei der Einführung von Lean Elementen unterstützen?“
Dipl.-W-Ing. Uwe Wenzel, Geschäftsführer LOGSOL GmbH Dresden
- Smart people. Great solutions. Die LOGSOL GmbH im Kurzprofil.
- Lean Logistics als Optimierungsbaustein
- Elemente von Lean Logistics
- Chancen und Risiken für mittelständische Unternehmen.
- Praktische Umsetzungsbeispiele
16:55 Der Mensch als Ressource – Die Rolle des Mitarbeiters bei Prozessinnovationen
Prof. Rüdiger von der Weth, Professur für Personalwesen und Arbeitswissenschaft
- Die Rolle des Menschen in modernen Produktionssystemen
- Formen der Mitarbeiterkompetenz, Nutzen solcher Kompetenzen im Arbeitssystem
- Positive und negative Emotionen bei Veränderungen, Konsequenzen für das Projektmanagement bei Prozessinnovationen, Erfolgreiche Integration von Qualifikationsmaßnahmen in solche Projekte
- Umsetzung im Kontext mittelständischer Unternehmen, Nachhaltige Personalentwicklungsstrategien für den Mittelstand, Was sollte man als erstes tun?
17:15 Moderierte Podiumsdiskussion
Moderation Prof. Anne-Katrin Haubold, Professur für Human Ressource Management, HTW Dresden