Landschaft ganzheitlich betrachten
Professor Ullrich Walz spricht über seine Buchveröffentlichung zu Perspektiven der Landschaftsökologie.
andschaft ist ein wichtiger Schlüssel zur Nachhaltigkeit. Aktuelle Krisen wie der Biodiversitätsverlust und der Klimawandel verlangen nach integrativen Betrachtungsweisen und Lösungsansätzen zu unserem Umgang mit Landschaft, den wir grundlegend ändern müssen. Landschaftsökologie will genau das: fach- und sektorübergreifend analysieren und Lösungen aufzeigen. „Der Blick auf’s Ganze“, auf Landschaft, die mehr ist als die Summe ihrer Teile, zeichnet die landschaftsökologische Arbeitsweise aus.
Zu diesem Thema haben Dr. Ullrich Walz, Professor für Landschaftsökologie an der HTWD und seine Kollegin Prof. Dr. Uta Steinhardt von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde einen Aufsatzband herausgegeben. Unter dem Titel „Landschaftsökologie – von der Wissenschaft in die Praxis“ geben die Autorinnen und Autoren Einblicke in die vielfältige Arbeit von Landschaftsökologie in Forschung und Praxis. Dabei werden sowohl natur-, sozial- und kulturwissenschaftliche als auch planerische Sichtweisen betrachtet. Wir haben mit Professor Walz zu seinem Buch gesprochen.
Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Landschaftsökologie?
Landschaftsökologie kann im analytischen Sinne als „Wissenschaft von der Struktur, Funktion und Entwicklung der Landschaft“ definiert werden. Dabei steht immer die „Landschaft“ an sich im Mittelpunkt – ein Begriff, der ohne das Wirken des Menschen nicht zu denken ist. Insofern ist Landschaftsökologie ein Fachgebiet mit sehr vielen Anknüpfungspunkten und Überschneidungen zu zahlreichen Disziplinen. Dazu gehören neben den benachbarten Naturwissenschaften auch die Sozialwissenschaften. Landschaftsökologen befassen sich mit einem in die Zukunft gerichteten Landschaftsmanagement im Sinne einer nachhaltigen, klimagerechten und biodiversitätsfördernden Landnutzung.
Warum ist es wichtig, das Thema aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten?
Das Buch möchte deutlich machen, dass nur ein umfassender und integrativer Ansatz, wie ihn die Landschaftsökologie verfolgt, zur Lösung der spezifischen Umwelt- aber auch sozialen Problemen unserer heutigen Zeit beitragen kann. Ein Kernsatz der Landschaftsökologie ist „der Blick aufs Ganze“. Das bringt sehr gut zum Ausdruck, dass es eben nicht nur um die detailscharfe Untersuchung einzelner Phänomene geht, wie beispielsweise die Untersuchung der Gewässergüte durch Hydrologen, der Kohlenstoffspeicherung im Boden durch Agrarwissenschaftler oder der Wirkung von blauer und grüner Infrastruktur auf das Stadtklima durch Stadtplaner. Im Detail sind all diese Untersuchungen relevant, aber die untersuchten Phänomene finden häufig im selben Landschaftsraum statt und sind daher untrennbar miteinander verbunden. Der Blick auf die Landschaft als Ganzes, die mehr ist als die Summe ihrer verschiedenen Teilsysteme, ist daher unabdingbar. Genau das versucht Landschaftsökologie zu leisten.
Findet dieser integrative Ansatz bereits in der Praxis statt? Können Sie hier ein Beispiel nennen?
Wenn es um die Gestaltung und Entwicklung der eigenen Landschaft geht, wenn sich Bürger, Landnutzer wie Landwirte, Forstwirte, Gewerbetreibende, Planer und Wissenschaftler aus den verschiedenen Disziplinen an einen Tisch setzen und die unterschiedlichen Ansprüche an die Landschaft, aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse diskutieren, um eine möglichst hohe Lebensqualität, Erzeugung von Nahrungsmitteln, Wertschöpfung und einen nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen und der Bewahrung von biologischer Vielfalt und dem Klimaschutz auszutarieren, dann ist ein solcher Ansatz erreicht. Im Buch sind dazu einige schöne Fallbeispiele enthalten.
Auch im Master Landschaftsentwicklung an der HTWD vermitteln wir diesen Ansatz. Generell müssen wir beim zukünftigen Umgang mit Landschaft integrativer denken. Der Erhalt der Biodiversität, die Bewältigung der Klimakrise und Landnutzung lassen sich nur zusammen denken und lösen.
Welches Ziel verfolgen Sie mit der Publikation?
Das nun vorliegende Buch zeigt einen Ausschnitt aus der Bandbreite der aktuellen Arbeiten landschaftsökologischer Forschung und Praxis im deutschsprachigen Raum. Es soll das Leistungsspektrum landschaftsökologischer Forschung in Deutschland aufzeigen. Dabei erheben wir keinesfalls den Anspruch, ein vollständiges Bild zu liefern. Dennoch zeigt sich die außerordentliche Vielfalt und Breite der Disziplin. Beiträge kommen von Institutionen, die sich mit landschaftsökologischer Forschung, aber auch deren Anwendung in der Praxis befassen. Die Beiträge stellen aktuelle, abgeschlossene und laufende Arbeiten und deren Ergebnisse vor und geben zugleich einen Einblick, welche Institutionen derzeit in der Landschaftsökologie forschen und arbeiten.
Weitere Informationen zum Buch: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-68008-7