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Lisa Kästner/ HTWD
Erstellt von Miriam Walther |

Von der Uhrmacherin zur Ingenieurin: Lisa Synnatzschke über ihren Werdegang, Mutterschaft und die Förderung von Frauen im MINT-Bereich

Nach ihrer Ausbildung in Glashütte begann Lisa ein Studium der Produktionstechnik an der Fakultät Maschinenbau, um ihre Kenntnisse zu vertiefen. Mit viel Unterstützung durch die Familie und die Hochschule hat die zweifache Mutter die Herausforderungen des Studiums gemeistert. Besonders wichtig ist es ihr, junge Frauen im MINT-Bereich zu ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen.

Erzähl uns etwas über dich und deinen beruflichen Werdegang.

Nach dem Abitur absolvierte ich zunächst eine handwerkliche Ausbildung zur Uhrmacherin in Glashütte. Die Verbindung von altem Handwerk und moderner Technik hat mich unglaublich fasziniert. Das hat mich dazu bewogen, nach der Ausbildung mit meinem Betrieb ein Betriebswirtschaftsstudium an der BA-Dresden zu absolvieren. Nach dem Studium bin ich jedoch schnell wieder im technischen Bereich gelandet und konnte meine ersten Berufserfahrungen als Leiterin Metrologie im Qualitätsmanagement sammeln. Für meine Diplomarbeit bin ich jedoch wieder in die Industrie gewechselt und freue mich auf eine spannende Zeit bei der Sunfire GmbH. Meine Freizeit wird nicht zuletzt durch meine Familie geprägt. Wir sind gerne in der Natur oder ganz klassisch auf Spielplätzen unterwegs. Aber auch für mein ehrenamtliches Engagement bei den Pfadfindern versuche ich mir immer wieder Raum zu schaffen.

Du hast in Glashütte das Uhrmacherhandwerk erlernt. Was hat dich dazu bewogen, Produktionstechnik an der Fakultät Maschinenbau zu studieren? 

Während meiner Zeit im Qualitätsmanagement stieß ich immer wieder an meine Wissensgrenzen. Zwar hatte ich durch meine Ausbildung zum Uhrmacher eine gute Basis, doch konnte ich meinen Ansprüchen bei der Bearbeitung der Projekte nicht gerecht werden. Ich wollte die Projekte in ihrer Gesamtheit verstehen, um eine optimale Lösung zu finden. Deshalb war für mich klar, dass ich mein vorhandenes Wissen vertiefen wollte. Als ich das erste Mal den Modulplan des Studiengangs gelesen habe, konnte ich so viele grüne Häkchen bei dem setzen, was mich interessierte oder was mir noch fehlte, dass ich schnell wusste, dass ich das richtige Studium gefunden hatte. Und ich wurde nicht enttäuscht.

Hattest du Vorbilder, die dich für Naturwissenschaften begeistert haben?

Ich habe keine konkreten Vorbilder. Allerdings gibt es in der Uhrmacherei viele Protagonisten, die zu Zeiten, als das technische Wissen noch lange nicht vorhanden war, unglaubliche technische und handwerkliche Leistungen vollbracht haben. Nicht zuletzt sei hier die Planetenuhr des gelernten Schneiders Eberhard Baldewein genannt. Sie wurde unter der Annahme des geozentrischen Weltbildes allein mit Hilfe von Himmelsbeobachtungen und Messungen entwickelt. Dennoch sind die tatsächlichen Abweichungen der einzelnen Planetenanzeigen sehr gering. Dies hat mich während meiner Ausbildung begleitet, begeistert und motiviert, mehr Wissen und Verständnis zu erlangen und gefühlte Grenzen überwinden zu wollen.

Gibt es innovative Lernmethoden oder neue Technologien, die bei der Wissensvermittlung an der Fakultät eingesetzt werden?

In den Corona-Semestern mussten neue Wege gefunden werden. Die Zeiten waren nicht immer einfach, weder für die Lehrenden noch für die Studierenden. Vorlesungen, Übungen und sogar Praktika mussten online abgehalten werden. Trotzdem haben die Professorinnen und Professoren versucht, das Beste daraus zu machen und sind kreativ geworden, um den Unterricht so zu gestalten, dass er uns alle mitnimmt. Es gab kleine Quizspiele, Gruppenarbeiten oder aufwändige Videos zu den jeweiligen Studieninhalten. Als konkrete Technologie im Präsenzunterricht hat mich das VR-Schweißprojekt aus der Fügetechnik begeistert. Bevor es an den „echten“ Schweißbrenner ging, konnten wir mit Hilfe der VR-Technologie lernen, wie man den Schweißbrenner hält, wie groß der Abstand zwischen Brenner und Werkstück sein muss und welche Schweißgeschwindigkeit zu einem guten Ergebnis führt. Direkt im Schweißlabor waren dann die ersten Berührungsängste verflogen und wir konnten uns voll auf den Prozess einlassen und das Gelernte direkt anwenden, ganz ohne „verbruzzelte“ Teile und klebende Schweißdrähte.

Erzähl uns von einem Projekt, an dem du im Studium mitgearbeitet hast, das dir besonders gefallen hat.

Während meiner Tätigkeit an der WHK bei Prof. Gunther Göbel in der Produktionstechnik konnte ich den Prozess der Konzeption und Beschaffung eines Schweißroboters für die Praktika begleiten. Dies beinhaltete zum einen die Analyse des Ist-Zustandes der Praktika, den Austausch mit anderen Hochschulen und Universitäten, sowie viele Beratungen mit dem HTWD-internen Roboterspezialisten Prof. Uwe Kühsel. Dass ich bei ihm im Rahmen des KUKA-Roboterprogrammierkurses mit eben jenem Roboter arbeiten durfte, war für mich ein sehr schöner Abschluss des Projektes.

Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Fähigkeiten oder Kenntnisse, die du durch dein Studium erworben hast und die dich auf deine zukünftige Karriere vorbereiten?

Neben den Studieninhalten, die uns fachlich dazu befähigen, als Ingenieur zu arbeiten, lernen wir im Dialog mit den Lehrenden und auch mit anderen Studierenden Diskussionen zu führen, zu präsentieren und uns neue Inhalte zu erarbeiten. Ermöglicht wird dies durch Praktika und eben die an der HTWD bekannten kleinen Seminargruppen. Die Lehrenden sind keine fernen Persönlichkeiten, die nach der Vorlesung verschwinden, sondern eine präsente Größe im Studienalltag, mit denen man in den Pausen ins Gespräch kommen kann. Eine Erkenntnis, die sich im Studium manifestiert hat, ist, dass es wirklich wichtig ist, gut vernetzt zu sein. Für das Studium selbst, um sich für Übungen, Praktika und Prüfungsvorbereitungen auszutauschen. Aber auch für die persönliche Karriere. Gerade Praktika und Werkstudententätigkeiten sind viel leichter zu finden, wenn man sich vernetzt. Zum Beispiel hatten wir im Modul Manufacturing Technology die Möglichkeit, durch englischsprachige Fachvorträge von Externen aus Forschung und Industrie in Kontakt zu kommen. So habe ich zum Beispiel den Kontakt zum Fraunhofer IWU bekommen.

 

Wer an sich und seine Fähigkeiten glaubt und offen auf sein Umfeld und neue Aufgaben zugeht, kann über sich hinauswachsen.

 

Lisa Synnatzschke
Wie geht es nach dem Studium weiter? Welche Berufsaussichten haben Absolventinnen und Absolventen?
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Ingenieurinnen und Ingenieure ist vielfältig. Wir befinden uns in einer sehr günstigen Phase der allgemeinen Arbeitsmarktentwicklung. Viele ältere Ingenieur*innen werden in den nächsten Jahren ausscheiden und es entstehen immer neue Bereiche, in denen unsere Expertise benötigt wird. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass es hier in Deutschland bzw. in Sachsen nur die Automobilindustrie gibt. Wie groß die Auswahl an Branchen sein kann, sieht man zum Beispiel auf der Karrieremesse der HTWD-Karrierewege. Für meinen persönlichen Werdegang bin ich optimistisch, dass meine Werkstudententätigkeit und die Erstellung meiner Diplomarbeit eine gute Basis für einen Anschlussvertrag bilden. Die Wasserstoffbranche befindet sich derzeit in einem starken Wachstum und daher bin ich optimistisch, dass meine Jobchancen auch nach meinem Abschluss gut sein werden.

Du bist während deines Studiums zum zweiten Mal Mutter geworden. Kannst du uns etwas über die Vereinbarkeit von Familie und Studium erzählen?

Meine Tochter kam im letzten Corona-Semester zur Welt. Für mein Studium war das sehr praktisch, da ich trotz Baby an den Online-Kursen teilnehmen konnte. Aber auch während der Präsenzveranstaltungen war immer ein Dialog mit den Lehrenden möglich, so dass wir gemeinsam Lösungen finden konnten, die es mir ermöglichten die volle Leistung zu erbringen. Manche Lösungen waren etwas verrückt. So konnte ich meine sechs Monate alte Tochter zu einem Praktikum mitnehmen. Das sorgte sogar für gute Stimmung während der Praktika.

Kannst du uns mehr über die Vereinbarkeit von Familie und Studium erzählen?

Es war und ist alles andere als einfach, Studium und Familie unter einen Hut zu bringen. Neben der reinen Organisation des Alltags kamen unzählige Kinderkrankheiten hinzu, die die Planung der Pflichtpraktika und den regelmäßigen Besuch der Lehrveranstaltungen erschwerten. Es hat mir sehr geholfen, dass die Unterstützung der Lehrenden und Mitstudierenden stets wertschätzend und verständnisvoll war und zum Teil auch ungefragt angeboten wurde. Auch Hinweise auf Betreuungsmöglichkeiten und Unterstützung durch das Studierendenwerk wurden mir von den Lehrenden gegeben. Neben der unglaublich großen Unterstützung durch die Hochschule wäre das Studium ohne die Unterstützung meines Mannes, meiner Familie und meiner Freunde so nicht möglich gewesen. Alles in allem habe ich nur ein Semester länger gebraucht.

Gibt es etwas, das du Studieninteressierten, insbesondere jungen Frauen, mit auf den Weg geben möchtest?

Selbstzweifel sind ganz normal und haben mich selbst lange davon abgehalten, meinen Weg zu gehen. Wenn man an sich und seine Fähigkeiten glaubt und offen auf sein Umfeld und die neuen Aufgaben zugeht, kann man über sich hinauswachsen. Leider sind wir Frauen im MINT-Bereich immer noch sehr unterrepräsentiert. Der Career Service hat über das Projekt Professorinnenprogramm den Zusatzkurs „Frauen führen anders“ angeboten. Dort haben wir Teilnehmerinnen viel über Kommunikation und unseren eigenen Führungsstil gelernt. Wir haben auch gelernt, uns zu vernetzen und auszutauschen. Gerade weil wir so wenige Frauen im MINT-Bereich sind, ist es umso wichtiger, sich gegenseitig zu unterstützen.

 

Erstellt von Miriam Walther |

Kontakt

M.A. Josefin Päßler

Studienberaterin | Allgemeine Studienberatung

M.A. Josefin Päßler

Dipl.-Ing. Britta Weber

Mitarbeiterin der Stabsstelle Internationales

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