FORSCHUNG UND LEHRE 38 Fokus Forschung Fünf Fragen an Professor Gunther Göbel, seit April Prorektor für Forschung und Entwicklung Welche Rolle spielt die Digitalisierung im Bereich der Forschung? Aus der Forschung der HTW Dresden sind digital getriebene Themen wie Automatisierung, künstliche Intelligenz etc. na- türlich nicht wegzudenken. Details dazu würden den Rahmen hier bei Weitem sprengen. Interessanter ist vielleicht, wo sich digitalisierungsbedingt interne Prozesse ändern mussten oder sollten. Neben Corona-Effekten gibt es weitere Trends, die zum Teil schon deutlich länger wirken. So sind Forschende spätes- tens ab Mitte 2021 gezwungen, Forschungsdaten sorgfältiger zu verwalten, wenn sie an bestimmten Förderprogrammen teil- nehmen wollen, etwa bei der DFG. Da versuchen wir natürlich so gut wie möglich zu informieren und mitzuhelfen. An vielen Stellen könnten auch Verwaltungsvorgänge digital besser laufen. Da passiert bereits viel hinter den Kulissen, aber Umstellungen sind oft schwieriger als man denkt. Hier spreche ich etwa von Werkzeugen wie automatisierten Projektübersichten oder sicheren Austauschplattformen. Forschung und Lehre Hand in Hand – geht das? Natürlich! Das sehen wir jeden Tag bei unseren forschenden und lehrenden Kolleginnen und Kollegen. Lehre ist immer an- schaulicher, wenn man vom selbst erlebten Bezug zur prakti- schen Anwendung erzählen kann. Mir liegt am Herzen, dass auch unsere Studierenden durch aktive Mitarbeit erfahren, was wir in der HTW Dresden alles Spannendes in der For- schung voranbringen. Hier hoffe ich, dass wir Forschungs- themen mehr in die Pflichtlehrveranstaltungen einbeziehen können. Einige Fakultäten haben schon solche Formate. Auch profitiert die Lehrpraxis von Entwicklungen in der Forschung. Software und Versuchsanordnungen etwa, die wir seit Jahren in unseren Laboren weiterentwickeln, kommen nun schnell für digitale Lehrformate zum Einsatz und können von den Lehrenden genutzt werden. Lohnt es sich für alle Lehrenden selbst zu forschen? Wie gesagt, Forschung macht Lehre häufig anschaulicher. Nicht jeder muss gleich große Projekte einwerben, so viel Laborfläche hätten wir gar nicht. Aber man sollte es zumin- dest ernsthaft durchdenken und auch mal probieren. Kreativ etwas Neues herausbekommen, das macht schließlich Spaß. Und nebenbei bemerkt: Viele Geräte in meinen Laboren hätte ich nie „einfach so“ aus Haushaltsmitteln anschaffen können, aber über Projekte war es eben möglich. Wer Interesse an For- schungsmöglichkeiten hat, sollte unsere Forschungskoordina- toren ansprechen. Welchen Stellenwert hat der Forschungstransfer an der HTW Dresden? Transfer, also dass unser Wissen in der Gesellschaft ankommt, geschieht natürlich in allen Projekten, an denen die Wirtschaft und öffentliche Einrichtungen beteiligt sind. Wir versuchen, diese Wirkung auch zu messen, etwa im Projekt „Transferba- rometer“, für das wir als eine von deutschlandweit fünf Hoch- schulen vom Stifterverband ausgewählt wurden. Das wichtigste ist, die richtigen Menschen zusammenzubringen: Wer hat Fra- gen, auf die wir vielleicht schon Antworten kennen? Hier soll ein neues Transferportal helfen, an dem die HTW Dresden über das Saxony5-Projekt beteiligt ist und das 2021 online geht. Ich hoffe, dass sich viele unserer Forschenden mit ihrem Know-how anmelden. Wer bereits ein Partnerunternehmen für seine Idee gefunden hat, kann sich gern an Matthias Bauch aus dem Pro- rektorat wenden, unser Experte für Verwertung und Patente. Außerdem arbeiten wir aktuell sehr intensiv daran, Kooperatio- nen mit anderen Forschungseinrichtungen und Partnern auszu- bauen. Davon erhoffen wir uns gute Austauschmöglichkeiten – nicht nur von Forschungsthemen, sondern auch von Kontakten, Ressourcen, gemeinsamen Laboren, Doktoranden usw. Was hat die aktive Forschung besonders für junge Menschen zu bieten? Wir haben aktuell rekordverdächtig viele Nachwuchsfor- schungsgruppen gestartet. Um sie alle unterzubringen, muss- ten sogar zusätzliche Räume angemietet werden. So ist das neue Junior Scientist Center entstanden, mit dem wir die Ver- netzung der Jungwissenschaftler unterstützen wollen. In grö- ßeren Projekten und mit der vollen Bandbreite an Know-how der Kollegen können sie den Dingen viel mehr auf den Grund gehen, als dies im Studium möglich ist. Publikationen und sogar Doktorarbeiten lassen sich besser einplanen. Das alles erhöht später die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Interview: Sophie Tietze